Unterbringung und Integration von Flüchtlingen in Friedrichshafen - Nachlese

Veröffentlicht am 06.12.2015 in Kommunalpolitik

v.l.n.r.: R. Friedel, D. Stauber, K.-H. Wolfsturm, K.-H. Jäckel

„Flüchtlinge sind in erster Linie Opfer“

Dieter Stauber brachte dies in der Podiumsdiskussion vom 19.11.2015 im GZH auf den Punkt.
Bei aller Flüchtlingsproblematik dürfen jedoch auch nicht die Probleme der Bevölkerung unter den Tisch fallen. Fehlender Wohnraum und gute Kinderbetreuung sind aber ebenfalls Bedürfnisse der Flüchtlinge, weshalb das Interesse allen gelte, Einheimischen und Flüchtlingen.

Der Abend zum Thema „Unterbringung und Integration von Flüchtlingen in Friedrichshafen mit den Referenten Karl-Heinz Wolfsturm, ehemalige Häfler Polizeichef und jetzt Ombudsbeauftragter für die Erstaufnahmeunterbringungen, Karl-Heinz Jäckel, Abteilungsleiter Sozialarbeit beim DRK, und Reinhard Friedel, Stadt Friedrichshafen, war sehr informativ und erfreulich sachlich, auch als es um kritische Themen, wie z. B. etwaige Befürchtungen der Bevölkerung, ging. Dem Schüren von Ängsten wurde von allen Beteiligten eine Absage erteilt.

1600 Asylbewerber leben momentan im Bodenseekreis. In Friedrichshafen sind es in fünf Gemeinschaftsunterkünften 300 und in der Anschlussunterbringung weitere 300. Die dezentrale Unterbringung wurde als Schlüssel zum Erfolgauf dem Weg zur Integration angesehen.Sie wird in Friedrichshafen praktiziert und die Integration funktioniert. „Wir wollen in Friedrichshafen keine Hallen belegen müssen“, erklärt Reinhard Friedel. In der Regel leben die Flüchtlinge in kleinen Wohneinheiten, was förderlich für den sozialen Frieden ist.

Mit angewiesen ist man in Friedrichshafen aber auch auf die Migrantenvereine und den Rat der Nationen, die Bindeglieder sind. Mit ihnen kann man, wie auch mit dem DRK und anderen, hervorragend zusammenarbeiten. Karl-Heinz Jäkel ergänzte, dass esim östlichen Bodenseekreis zehn weitgehend selbständig arbeitende Helferkreise und 500 Ehrenamtliche, allein zwischen 120 und 150 Ehrenamtliche in Eriskirch,gibt. „Die Initiativen laufen hervorragend“. Karl-Heinz Wolfsturm, der oft im Land unterwegs ist, ergänzte, dass er begeistert ist vom ehrenamtlichen Engagement der vielen Bürger.

Gleichzeitig äußerte er sich besorgt über die Stimmungslage in der Bevölkerung, in der Ängste und Empfindungen zum Ausdruck kommen, die selbstverständlich ernst genommen werden müssen. Auch aus dem Publikum kamen besorgte Stimmen, insbesondere war die Befürchtung groß, bei Kritik sogleich in die „rechte Ecke“ gestellt zu werden. Jedoch waren sich alle Anwesenden einig in der Sorge um das Wohlbefinden der betroffenen Menschen, sowohl der Flüchtenden als auch der ehrenamtlich und beruflich Engagierten und der übrigen Bevölkerung. Insgesamt beteiligte sich das Publikum rege mit Fragen und Einschätzungen.

In der Diskussion wurde deutlich, dass das Problem lange Zeit unterschätzt wurde und nun eine Strategie zur Bewältigung vonnöten ist. Wolfssturm erklärte, dass es dabei nötig ist, die neu geschaffenen Stellen mit Bedacht zu besetzen, um die behördlichen Prozesse sowohl qualitativ als auch im zeitlichen Ablauf zu verbessern. Dies bestätigt auch Reinhard Friedel, der erläuterte, dass es Zeit brauche – die man immer wieder auch einmal nicht habe - um die Menschen adäquat unterzubringen. Ferner sie mit unseren Werten und Gesetzen vertraut zu machen, sie sprachlich zu unterrichten und sinnvoll zu beschäftigen. Um dies zu erreichen, ziehen alle Ehrenamtlichen, Mitarbeiter und die Parteien, an einem Strang.

Um die Sicht der Flüchtlinge zu zeigen, kamen drei junge Männer zu Wort. Siesind froh, in Friedrichshafen ein gutes Zuhause gefunden zu haben. Sie hoffen, die schrecklichen Erleb-nisse in ihrer alten Heimat, vor denen sie geflohen sind,und den Erlebnissen auf der Flucht nach Europa, bald hinter sich lassen zu können. In einer sehr kurzen Zeit haben sie schon gut die deutsche Sprache erlernt, was für ihren Lerneifer und ihren Willen sich zu integrieren spricht. Mit den angestrebten Schul- und Beruf-sausbildungsabschlüssen gehen sie zielstrebig nach vorne, um für ihren Lebensunterhalt schnellstens selber sorgen zu können.