2014 Dr. Harald Klimenta

Freihandel ist eine Ideologie


Dr. Harald Klimenta

Nicht Zölle sind mit Handelshemmnissen gemeint, sondern demokratische Strukturen und Rechte

Nach dem Diskussionsabend zur Finanzkrise mit Heiner Flassbeck im vergangenen Jahr konnte die SPD Ailingen vergangenen Freitag den zweiten hochkarätigen Referent präsentieren.

Die viel diskutierten Internationalen Schiedsgerichte sind aus der Sicht von Dr. Harald Klimenta (attac Deutschland) bei der Beurteilung von TTIP, CETA und TiSA nicht der entscheidende Kritikpunkt – sie werden dank anhaltenden Protestes der europäischen Bürgerinnen und Bürger und „auch dank der konsequenten Haltung von Wirtschaftsminister Gabriel“ wohl ohnehin aus dem Vertragswerk gestrichen.

Seine Kritik an diesen Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) bzw. der EU und den USA (TTIP) macht Klimenta, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von attac und Autor mehrerer Bücher zu globalen Problemen, an viel grundlegenderen Dingen fest.

In seinem fast 90minütigen Vortrag, der von den 40 Anwesenden durch seine sehr engagierte und faktenreiche Darstellungsweise höchste Konzentration abverlangte, verwies Klimenta auf mehre, auch durch die EU finanzierte, Studien, die die positiven Folgen von TTIP in Bezug auf Wirtschaftswachstum und Zugewinn an Arbeitsplätzen auf beiden Seiten des Atlantiks im Promillebereich verorten.

Daher stelle sich die Frage, warum dieses Abkommen von interessierter Seite so massiv verfolgt werde. Es gehe dabei offensichtlich auch nicht um die Angleichung technischer Normen – diese sei auf anderem Wege deutlich leichter zu erreichen. Vielmehr rückte Klimenta zentrale Folgen von Freihandelsabkommen in den Blick: Der Spielraum demokratisch legitimierter Politikerinnen und Politiker werde unzulässig eingeschränkt, der verstärkte Standortwettbewerb führe zu eingeschränkten Arbeitnehmerrechten und abgesenkten Produktionsstandards, TiSA nehme unverhohlen die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge in den Blick. Dies sei der eigentlich gemeinte „Abbau von Handelshemmnissen.“

All dies ist durch bereits existierende Studien zum Freihandel seit den 1980er Jahren (wie z.B. die CEPR) belegt und wird durch den bisher bekannten TTIP-Vertragstext konsequent weiterverfolgt. Aus diesem Grund dürfe die öffentliche Aufmerksamkeit auch nach einem Verzicht auf Schiedsgerichte auf keinen Fall erlahmen, da zentrale Probleme weiterbestehen.

„Freihandel ist eine Ideologie, die nicht begründet wird – er wird als positives Phänomen vorausgesetzt, anstatt dass seine Denkfiguren und Folgen kritisch geprüft werden“, so Klimenta abschließend. Hier sei auch der Grund für die nichtöffentlichen Verhandlungen zu TTIP zu suchen, da der Protest der Gesellschaften vorhersehbar sei. Vielleicht wurde auch deshalb die Zivilgesellschaft von den Verhandlungen quasi ausgeschlossen: Von 130 Treffen mit Interessenverbänden führte die politische Ebene 119 mit Vertretern der Wirtschaft durch. Dennoch (oder auch: deshalb) hätten sich inzwischen über 800.000 Menschen an der europäischen Bürgerinitiative gegen TTIP beteiligt.

Der Vorsitzende des Ailinger SPD-Ortsvereins, Peter Lutat, der auch die kenntnisreiche Einführung in den Abend vorgenommen hatte, bedankte sich nach fast 150 Minuten Information und recht lebhafter Diskussion bei Dr. Harald Klimenta, den interessierten Anwesenden und auch bei Roland Kaczmarek, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Friedrichshafen, welcher den Abend als Mitveranstalter tatkräftig unterstützt hatte.

 

Freihandelsabkommen - wirklich so gut?

Die EU und die USA verhandeln derzeit einen Vertrag, der eine transatlantische Freihandelszone schaffen soll.
Ist der Vertrag wirklich so gut für uns und unsere Wirtschaft oder birgt er die Gefahr von Abbau von Produktionsstandards, von Verbraucherschutz- und ArbeitnehmerInnen-Rechten, Lohnniveaus, Umwelt- und Sozialauflagen, ggfs. sogar von Teilen unserer demokratischen Rechtstaatlichkeit?

Am Freitag, den 24. Oktober 2014, um 19:00 Uhr, wird Harald Klimenta von der globalisierungskritischen Gruppe "attac" im Gasthof Adler in Ailingen hierüber referieren und diskutieren, ob es wirklich nur als großes Beschäftigungsprogramm gesehen werden kann oder ob wir Bürgerinnen und Bürger mit einklagbaren Fracking-Erlaubnissen, Hormonfleisch und gen-veränderte Lebensmittel ohne Kennzeichnungspflicht, "geheime" Verhandlungen und Gerichtsentscheide bei Rechtstreitigkeiten, etc., rechnen und vielleicht sogar leben müssen.

Bitte merken Sie sich den Termin schon vor. Die genaue Örtlichkeit und Uhrzeit für diesen sicherlich spannenden und erhellenden Abend geben wir noch bekannt.
Wir freuen uns jetzt schon auf Sie.

Wenn sie sich vorab über Herrn Klimenta und seine Arbeit informieren wollen, klicken Sie bitte hier: http://www.harald-klimenta.de .

Informationen von und zur Gruppe "attac" sind hier zu finden: http://www.attac.de .